Gendiagnostikgesetz

Gendiagnostikgesetz

Am 1. Februar 2010 ist das Gendiagnostikgesetz in Kraft getreten. Es beinhaltet erhöhte Anforderungen an Patientenaufklärung, Einwilligung und Datenschutz zur Stärkung der Patientenautonomie und zur Gewährleistung eines besseren Schutzes gegen Kommerzialisierung und Missbrauch genetischer Informationen. Grundsätzlich bedeutet dies konkret, dass keine genetische Untersuchung ohne schriftliche Einverständniserklärung veranlasst werden darf, zusätzlich ist für jede Pränataldiagnostik bzw. prädiktive Diagnostik eine genetische Sprechstunde vorgeschrieben.

Auf einen Blick

Zu jeder genetischen Untersuchung ist eine schriftliche Einwilligung der untersuchten Person zwingend erforderlich. Als genetische Untersuchung gilt hierbei jede gezielte Fehlbildungsdiagnostik. Dies gilt nicht für die pränatale Ultraschalldiagnostik, mit Ausnahme des Ersttrimester-Screenings aus mütterlichem Blut und des Nackenfalten-Screenings.

Im Vorfeld muss die zu untersuchende Person über Durchführung, Aussagekraft und Risiken der Untersuchung durch den Arzt aufgeklärt werden (§ 9 Abs. 1), dies beinhaltet Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für die Bewältigung möglicher körperlicher und seelischer Belastungen. Bei der Pränataldiagnostik muss darüber hinaus auch auf den Anspruch auf eine psychosoziale Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz hingewiesen werden. Ferner müssen Patienten auf ihr „Recht auf Nichtwissen“ bezüglich der Untersuchungsergebnisse und ihr Recht auf Widerruf der Einwilligung hingewiesen werden. Alle Aufklärungsinhalte müssen hierbei dokumentiert werden.

Während bei den üblichen postnatalen „diagnostischen“ Untersuchungen eine genetische Sprechstunde nach Vorliegen des Ergebnisses lediglich angeboten werden soll, muss diese vor und nach jeder prädiktiven oder pränatalen genetischen Untersuchung verpflichtend durch einen dafür qualifizierten Arzt erfolgen. Von dieser Verpflichtung kann nur im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Patientin nach schriftlicher Information über die Inhalte der genetischen Beratung ihren Verzicht darauf schriftlich erklärt.

Bislang lagen genetische Sprechstunden im alleinigen Zuständigkeitsbereich von Fachärzten für Humangenetik oder Ärzten anderer Fachgebiete mit einer entsprechenden Zusatzqualifizierung, die jedoch nicht mehr erworben werden kann. Da aufgrund der neuen Regelungen eine massive Ausweitung des Bedarfs nach genetischen Beratungen bevorsteht, soll künftig jedem Arzt für sein Fachgebiet die Möglichkeit einer entsprechenden Zusatzqualifizierung angeboten werden.

Die Ergebnisse genetischer Untersuchungen dürfen nur der untersuchten Person selbst und nur durch den Arzt mitgeteilt werden, der die Untersuchung veranlasst oder die genetische Sprechstunde durchgeführt hat. Eine Weitergabe an Dritte darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Patientin erfolgen. Arbeitgeber und Versicherungsunternehmen ist der Zugang zu genetischen Befunden grundsätzlich verwehrt, selbst wenn eine pauschale Entbindung von der Schweigepflicht vorliegt.

Genetische Untersuchungsbefunde müssen nach einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren vernichtet werden. Falls Grund zu der Annahme besteht, dass mit der Vernichtung schutzwürdige Interessen der untersuchten Person beeinträchtigt werden, müssen die Untersuchungsergebnisse gesperrt werden. Hier bedarf es noch einer genauen Regelung.

Eine pränatale genetische Diagnostik darf künftig nur zu „medizinischen Zwecken“ erfolgen (§ 15 Abs. 1). Wird dabei das Geschlecht des Kindes festgestellt, so darf die Schwangere erst nach der 12. Schwangerschaftswoche darüber aufgeklärt werden.

Insbesondere ist jetzt die umstrittene pränatale Diagnostik auf spätmanifestierende Erkrankungen (Chorea Huntington, Brustkrebs, u.a.) endgültig verboten (§ 15 Abs. 2).

Eine vorgeburtliche Vaterschaftsfeststellung darf nur erfolgen, wenn dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft durch eine Sexualstraftat eingetreten ist (§ 17 Abs. 6).

Zur prädiktiven Diagnostik zählen laut GenDG (§ 3 Ziff. 8) insbesondere die Familienabklärung bei erblichen Krebsdispositionen sowie jegliche prädiktive genetische Screeningtests, beispielsweise auf Osteoporoseneigung. Hier ist eine genetische Sprechstunde zwingend erforderlich.

Eine BRCA-Mutationsanalyse bei selbst vom Krebs betroffenen Indexpatienten sowie Analysen auf genetische Risikofaktoren für multifaktorielle Krankheiten gelten hingegen als „diagnostische“ genetische Untersuchungen und sind nicht an eine genetische Pflichtberatung gebunden.

  • Deutscher Bundestag (2009) Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen, Bundesgesetzblatt 50: 2529–2538.
  • Henn W (2010) Das neue Gendiagnostikgesetz und seine Konsequenzen für den frauenärztlichen Alltag, Frauenarzt 51: 14–17 (ISSN 0016-0237)
     

Mehnert K (2009) Das neue Gendiagnostikgesetz - Besonderheiten für den Praxisalltag, gen.ial 3: 10-11 (ISSN 1869-439X)

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